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Mit dem Silver Tiger bringt die finnische Werft das kleinste Modell der Z-Serie heraus – mit dem neuen Rumpfdesign von Petestep.

Ein Beitrag von Kerstin Zillmer auf floatmagazin.de

An Schwedens Küste bei Karlhamn weht heute morgen ein frischer Wind. In der kleinen Hafenmeisterhütte dampft der Kaffee, die Zimtschnecken duften. Wir frühstücken rasch, denn am Steg wartet der Tiger!

Er ist weiß und aus Kunststoff. Das ist neu. Bisher hat Silver Boats keine reinen GFK-Boote gebaut. Die Rümpfe waren immer aus Aluminium, klassisch finnisch. Mit der neue Z-Reihe gibt es jetzt eine Kunststoff-Serie – und Silver hat damit drei Modellreihen: die X-Serie ganz aus Alu, die Y-Serie mit Alurumpf und GFK-Deck und – so wie der Tiger – die Z-Serie ganz aus GFK.

„Wenn du es mit einem Auto vergleichst, wäre es wohl ein Volvo“, findet Silver-Exportleiter Christopher Wallgren, als wir am Steg direkt vor dem Boot stehen. Die neue Rumpfform, der abgeflachte Bug mit den integrierten Lichtern und die flache Frontpartie verleihen dem Tiger einen sportlichen Look. Das Cockpit wirkt geräumig und minimalistisch.

Der weiße Tiger von Silver © Kerstin Zillmer

Verstaut, wo man es braucht

Die niedrige, lang auslaufende Windschutzscheibe fügt sich gut in das sportliche Aussehen und bietet guten Schutz gegen kalten Wind am Testtag. Schlau und bisher einmalig sind die Fenderkästen seitlich am Heck. Hier sind die Fender schnell und raumsparend verstaut – genau an der Stelle, wo man sie braucht. Auch die abschließbaren Schapps sind ein schönes Plus. Der Weg ins Boot geht am besten über den Bug, der über zwei Stufen sicher an Land führt, im Norden auch häufig auf den besten erreichbaren Felsen. Dafür ist die flache Nase ideal.

Nur fliegen ist schöner!

Ich gehe mit meinem finnischen BOB-Kollegen Jan Sjölund an Bord. Hinter dem Hafen, noch mit kleiner Welle, nehmen wir Anlauf und sind erstaunt, wie schnell der Tiger in Gleitfahrt kommt. Sehr weich schneidet das Boot die Wellen. Man hört gar keinen Wellenschlag am Rumpf. Der Blick über den Süllrand zeigt ein interessantes Bild: Da ist kaum Spritzwasser zu sehen. Wie kommt das?

Der Rumpf der Silver hat eine völlig neue Form: einen Petestep-Rumpf, benannt nach dem Gründer und Entwickler Peter Bjersten. Während bei anderen Rümpfen die Gleitstringer parallel zur Kiel-Richtung verlaufen, setzt Petestep sogenannte „Deflektoren“ ein. Diese Abstufungen laufen – anders als die bekannten, parallel laufenden Stringer – spitz von einem optimal berechneten Punkt zum Heck hin.

Das soll den Fahrwiderstand des Rumpfs im Wasser reduzieren. Durch die Deflektoren wird das Wasser nach achtern abgeleitet und nicht als Gischt zur Seite gedrückt, so wie üblich. Das hat verschiedene positive Effekte: Der Rumpf hebt sich damit schneller aus dem Wasser und kommt früher ins Gleiten. Dadurch wird, so der Hersteller, bis zu 35% weniger Kraftstoff benötigt.

Mehr Schub, weniger Widerstand

Durch den geringeren Wasserwiderstand ist auch der Reibungswiderstand geringer. Das bedeutet mehr Schub. Durch die Ausrichtung der Deflektoren schlägt der Rumpf in der Welle deutlich weniger auf. Die Fahrt wird dadurch ruhiger und stabiler. Das ist es, was wir auch beim Testen deutlich spüren: Der Rumpf verhält sich weicher, und das fühlt sich klasse an. Obwohl der 150 PS starke Motor von Honda am Heck hörbar seine Arbeit macht, ist die Geräuschentwicklung geringer.

Als wir die Landabdeckung verlassen, wird die Welle kabbeliger. Der Rumpf reagiert weiterhin weich und spurtreu. Und auch gegen die Welle fühlt es sich deutlich angenehmer an als mit anderen Booten dieser Größe unterwegs zu sein. Laut Petestep wird dabei die G-Kraft, also die Fliehkraft, um 30% reduziert. Die Kurvenstabilität ist durch den neuen Rumpf deutlich besser. Kein Gieren und kein Versetzen bei schnell gefahrenen engen Kurven.

Auch bei unserem Extremtest, bei dem wir die Kurstabilität unter Vollgas in der Kurve testen – wir nehmen kurz das Gas raus und beschleunigen dann wieder voll –, bleibt der Rumpf stabil und es fühlt sich am Steuer absolut sicher an. Mehr als 50% weniger G-Kräfte sollen laut Vergleichstest mit anderen Rümpfen hier einwirken.

Der entspannte Ritt über die Ostsee macht extrem viel Spaß, und das 1.150 kg leichte Boot reagiert auf alle Manöver, die wir ihm zumuten, so sanft wie eine Wildkatze. Die Ergonomie an Bord ist klasse. Man fühlt sich sicher, hat ordentlich Halt, sitzt weich in den Polstern. Der Durchgang zum Bug ist auch bei Welle ohne anzuecken sicher zu meistern. Wir lassen uns viel Zeit, denn für die ausgewählten Tester sind gleich zwei Modelle da – der Daycruiser Silver Tiger DC mit kleiner Kajüte und die Bowrider-Version Silver Tiger BR.

Petestep will Prototypen überflüssig machen

Wieder an Land erklärt mir Jonas Danielsson, der CEO des Stockholmer Start-Ups, die Software auf seinem Laptop. Der studierte Schiffbauingenieur hat seine Masterarbeit über das Simulieren und Optimieren von Gleitbooten und Stufenrümpfen geschrieben. Dieses Wissen setzt er jetzt bei der Entwicklung der Petestep-Rümpfe ein.

„Kannst Du mit deiner Software genau berechnen, wie sich der Rumpf im Wasser verhält?“ will ich wissen. „Ja, mit den entsprechenden Parametern, die Eker Design für uns berechnet hat, wissen wir exakt, welchen Winkel das Boot im Wasser hat. Hier haben wir 70 PS vorgegeben und jetzt kann ich den Verbrauch berechnen. Siehst du, es sind 0.9 l bei 4.000 Umdrehungen.“ Jonas spielt unterschiedliche Szenarien durch, indem er die Parameter Gewicht, Motorisierung, Rumpfform, Länge, Breite und Anzahl der Personen an Bord ändert.

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Weitere Informationen

Mit einer zweiten Software kann er das Fahrverhalten sehr genau berechnen. „Ich glaube, wir sind die einzigen Rumpfdesigner, die mit dieser Methode arbeiten, und zwar für alle Rümpfe“, sagt Jonas stolz. Das erlaube es den Werften, die sich wie Silver für Petestep entscheiden, in Zukunft eine viel kürzere Entwicklungszeit, weil sie auf die Prototypen verzichten können, glaubt Jonas.

Neuer Baustoff GFK

Wie kommt es nun dazu, dass die Finnen auf GFK umsteigen? Beim Aufwärm-Kaffee erzählt mir Verkaufsleiter Christoph Wallgren die Entstehungsgeschichte der Z-Serie. Vor mehreren Jahren kaufte Yamaha verschiedene finnische Werften, darunter auch Yamarin. Das größte Boot dieser Werft, die Yamarin 81, war dem Motorenhersteller zu teuer in der Produktion.

Ein nordisches Gemeinschaftsprojekt – mit norwegischem Design, schwedischer Hydrodynamik und finnischem Hersteller.

So kam es, dass Silver die Rechte angeboten wurden. Silver nahm Kontakt mit der norwegischen Firma Eker Design auf, die die Yamarin-Boote designt hatten und kaufte die Rechte am Boot. Darin inbegriffen war auch das Rumpfdesign von Petestep.

Die neue Z-Serie ist deshalb ein nordisches Gemeinschaftsprojekt, sagt Christoph Wallgren mit hörbarem Stolz: Norwegisches Design, schwedische Hydrodynamik und der finnischer Hersteller. Für die neue Serie wurde eigens eine neue Produktionshalle gebaut.

Drei Modelle sollen es insgesamt werden. Die große, acht Meter lange Raptor, ein Daycruiser mit Kajüte für vier Personen, dazu der kleine Tiger mit 6,06 m als Daycruiser und Bowrider. Als Mittelstück kommt nächstes Jahr das Silver DCz mit sieben Metern Länge.

Etwas völlig Neues auf dem Markt

Mit der Tiger will Silver etwas völlig Neues auf den Markt bringen. Das Boot soll neue Standards setzen. Nicht nur im Design und der Verarbeitung, sondern vor allem auch bei den Laufeigenschaften. Silver Boats wollte das Rad, besser gesagt, den Rumpf neu erfinden.

Dabei geht es natürlich auch um neue Absatz-Möglichkeiten: In Mitteleuropa gibt es einen großen Markt für Daycruiser, und diesen Markt hat Silver im Visier. Und da der deutsche Markt nach Norwegen die zweitwichtigste Exportregion für Silver ist, gibt es jetzt diese Z-Reihe für die mitteleuropäische Kundschaft.

Das ist ein weiterer Grund für das ungewohnte Rumpfmaterial: Die Erfahrung mit der Aluboot-Serie zeigt, dass Aluminium-Boote in Deutschland eher als Arbeitsboote wahrgenommen werden. In den nordischen Ländern ist das anders: In finnischen Gewässern mit ihrem felsigen Untergrund muss ein Rumpf extrem stabil sein – man setzt schon mal hart auf – und gut in der Welle performen. Denn hier ist die See rauer. Auch wegen der großen Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter ergibt Aluminium als Baumaterial dort mehr Sinn als GFK.

Auch ohne diese Erläuterungen ist der Tiger ein überzeugendes Produkt. Das neue Boot folgt einem ausgesprochen innovativen Konzept, das aufregend neu und anders als die Mitbewerber in dieser Größenordnung ist. Der Silver Tiger bringt mit seinem tollen Petestep etwas wirklich etwas Neues auf den Markt: Allerbeste Fahreigenschaften gepaart mit geringerem Verbrauch, einem schicken Layout und vielen durchdachten und exklusive Details an Deck. Gerade ist sie beim Best of Boats Award in Cannes auf dem Yachting Festival zur Finalistin in der Kategorie Beginners gewählt worden.